Aufklärung - das Zeitalter der Vernunft

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"

"Sapere aude!" oder zu Deutsch: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" - so lautete das Motto der Aufklärung. Das klingt für uns heute ganz logisch, natürlich soll man sich seines eigenen Verstandes bedienen! Doch das Zeitalter der Aufklärung war eine Epoche, die viele Veränderungen und Umbrüche mit sich brachte und die Weichen für die "moderne Welt" stellte. Was zeichnete diese Zeit aus und wer sollte eigentlich von wem aufgeklärt werden?
 

Das Zeitalter der Aufklärung oder einfach Aufklärung war eine Epoche zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert, die durch bestimmte Ideen und geistige Entwicklungen geprägt war. Die Aufklärung ging zunächst von England, Frankreich, den Niederlanden und später von Deutschland aus und erreichte schließlich auch Nordamerika. In Deutschland war die Aufklärung vor allem zwischen 1720 und 1800 wirksam.

Allgemein versteht man unter Aufklärung das Bestreben, durch Wissen und neue Erkenntnisse Antworten auf Fragen zu finden und Zweifel, Vorurteile oder falsche Vorstellungen auszuräumen. In der Epoche der Aufklärung wurde die menschliche Vernunft zum Maßstab allen Handelns erklärt: Wie bereits erwähnt, gehörte es zu den Grundsätzen der Aufklärung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen - nur das, was er erfassen und erklären konnte, wurde als Grundlage und Maßstab für Entscheidungen und Handlungen anerkannt. Man spricht auch von der philosophischen Strömung des "Rationalismus" - dieser Begriff leitet sich vom lateinischen Wort "Ratio" ab, das Vernunft bedeutet.

 

Mit alten Vorstellungen brechen

Man wollte sich von alten Denkweisen und Vorstellungen befreien. Die Menschen sollten - anders als früher - ihren Kopf benutzen und nichts als gegeben hinnehmen, ohne es mit Hilfe der Vernunft zu hinterfragen. Dies richtete sich vor allem gegen blinden Gehorsam gegenüber der Kirche und anderen Obrigkeiten, gegen Vorurteile und Aberglauben wie den Hexenwahn. In den Augen der Aufklärer war nur der Verstand in der Lage, die Wahrheit ans Licht zu bringen, und Vernunft und Freiheit waren die richtigen Mittel, um die Menschen aus Unterdrückung und Armut zu befreien.

Bildung spielte dabei eine wichtige Rolle, denn ein Satz, den wir heute noch kennen, war auch einer der Leitsätze der Aufklärung: "Wissen ist Macht". Dieser Satz stammt von dem englischen Philosophen Francis Bacon und bedeutet, dass der Mensch erst durch Bildung und Wissen in die Lage versetzt wird, seinen Verstand zu gebrauchen und ein selbstständiges und unabhängiges Individuum zu werden. Bildung und Wissenschaft sollten gefördert und vor allem in allen Bevölkerungsschichten verbreitet werden. Die Aufklärung wollte Freiheit und Gleichheit der Menschen und Toleranz gegenüber anderen Religionen - eine für die damalige Gesellschaft sehr neue und radikale Forderung.

 

Die Gesellschaft im Zeitalter der Aufklärung

Der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Demokratie war deshalb so revolutionär und kühn, weil die damalige Herrschaftsform der "Absolutismus" war. Das heißt, es gab eine Person, die uneingeschränkt und ohne Einmischung von außen herrschte. Die Gesellschaft war in Stände gegliedert - gehörte man einem Stand an, war es fast unmöglich, Mitglied eines anderen Standes zu werden.

Die Ständegesellschaft gliederte sich in Klerus (alle Geistlichen und Vertreter der Kirche), Adel (hoch- und niederrangig), Bürger und Bauern. An der Spitze der Ständeordnung standen beim Klerus die Bischöfe und der Papst, beim Adel die Fürsten, der König oder der Kaiser. Sie herrschten über den dritten Stand, dem die Mehrheit der Bevölkerung angehörte. Diese Ständeordnung wurde damals von den Menschen als gottgegeben angesehen. Sie galt als unumstößlich, jeder Mensch hatte seinen festen Platz.

 

Eine Idee kommt ins Rollen

Jahrhundert regte sich allmählich Kritik an diesem System, in dem Bürger und Bauern kaum Rechte hatten, aber große Lasten zu tragen hatten. Besonders die Bauern hatten es schwer, da sie neben den Abgaben an den Staat auch noch den Grundherren, deren Land sie nutzten, Abgaben leisten mussten. Kritik an der alten Ständeordnung kam vor allem aus dem Bürgertum, insbesondere von Gelehrten. Aber auch einige Adelige fanden Gefallen an den Ideen der Aufklärung.

Zunächst trafen sich die Aufklärer nur in kleinen Zirkeln, doch nach und nach verbreiteten sich die Ideen. Lesegesellschaften wurden gegründet, Philosophen begannen an den Universitäten die Prinzipien der Aufklärung zu lehren und schließlich versuchte man über die Kunst die breite Bevölkerung zu erreichen. War es bis dahin üblich gewesen, dass Schriftsteller ihre Aufträge vom Adel oder von der Kirche erhielten, so änderte sich dies plötzlich: Wie bis heute üblich, begannen Schriftsteller und Dichter für Verleger zu schreiben, die die Bücher und Schriften wiederum an andere verkauften.

 

Aufklärung in Kunst und Literatur

Die Kunst spielte im Zeitalter der Aufklärung eine sehr wichtige Rolle, denn sie war das beste Mittel, um nicht nur die Reichen und Gelehrten, sondern auch die breite Bevölkerung zu erreichen. Denn mit Hilfe der Kunst konnten die neuen Ideen ansprechend verpackt und so besser vermittelt werden. Die Menschen fühlten sich nicht belehrt, sondern genossen ein Gedicht oder ein Theaterstück und bekamen trotzdem die Ideen der Aufklärung vermittelt.

Bestimmte Gattungen ("Textsorten") und Formen der Literatur schienen den Aufklärern besonders geeignet, die Menschen zu belehren. So waren in der Aufklärung Fabeln sehr beliebt, in denen Tiere auftraten, die menschliche Züge hatten und sich wie Menschen verhielten. Der berühmte Dichter Gotthold Ephraim Lessing führte auch etwas völlig Neues in die Theaterwelt ein: das bürgerliche Trauerspiel. Bis dahin war es üblich, dass die Hauptfiguren in solchen Trauerspielen ausschließlich Adelige waren. Lessing aber stellte Bürgerliche in den Mittelpunkt seiner Stücke. Auch Romane waren im Zeitalter der Aufklärung sehr beliebt, um den Lesern die neuen Ideen zu vermitteln. Neben den in Deutschland entstandenen Werken wurden auch Romane, Erzählungen und Theaterstücke aus dem Französischen und Englischen übersetzt und in Deutschland veröffentlicht.

 

Bedeutende Aufklärer

Die Epoche der Aufklärung brachte neben G. E. Lessing eine ganze Reihe von Dichtern und Denkern hervor, die bis heute durch ihren großen Einfluss bekannt sind. So gilt der Dichter Christoph Martin Wieland als der bedeutendste Erzähler der Aufklärung, da er den ersten "Bildungsroman" verfasste. Bekannte Denker und Philosophen der Aufklärung sind beispielsweise der Deutsche Gottfried Wilhelm Leibniz, der Franzose René Descartes, der Brite John Locke oder der Schotte David Hume.

Als bedeutendster Philosoph der Aufklärung gilt der deutsche Denker Immanuel Kant, von dem auch das Motto der Aufklärung stammt: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Aufklärung ist nach Kant "der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" - auch dieser Satz ist berühmt geworden. Sein wichtigstes Werk heißt "Was ist Aufklärung?" und erklärt sehr genau, worauf es bei der Aufklärung ankommt.

Zu den bedeutendsten Vertretern der französischen Aufklärung gehört auch der Schriftsteller und Philosoph Voltaire, dessen Werke auch in anderen Ländern übersetzt und eifrig gelesen wurden. Er verurteilte den Absolutismus scharf und kritisierte auch die Vormachtstellung der katholischen Kirche. Voltaire zeichnete sich dadurch aus, dass seine Schriften leicht verständlich waren und einen spöttischen Unterton hatten.

 

Die Folgen der Aufklärung

Das Zeitalter der Aufklärung war eine große Zäsur in der Geschichte und hatte weitreichende Folgen. So wurden die Ereignisse und Umwälzungen zur Zeit der Französischen Revolution 1789 maßgeblich von der Aufklärung bestimmt. Zwar kann die "Große Revolution" in Frankreich nicht allein auf die Aufklärung zurückgeführt werden, aber die Revolutionsführer waren alle Anhänger aufklärerischen Gedankenguts - die Leitgedanken der Revolution waren "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit".

Als Folge der Revolution wurde in Frankreich der Absolutismus abgeschafft. Zu den wichtigsten Errungenschaften der Aufklärung zählen die ersten demokratischen Verfassungen und die Verankerung der Menschenrechte. Die erste dieser auf den Ideen und Idealen der Aufklärung basierenden Verfassungen war die Unabhängigkeitserklärung der Gründungskolonien der USA im Jahr 1776. 15 Jahre später folgten die demokratischen Verfassungen Frankreichs und Polens.

 

Kritik am Menschenbild der Aufklärung

Zweifellos hat das Zeitalter der Aufklärung die Weichen für die "moderne Welt" gestellt. Jahrhunderts wurde das Ideal des "vernunftgeleiteten Handelns" aber auch zunehmend in Frage gestellt - zum Teil von Vertretern der Aufklärung selbst. So ging der englische Philosoph und Aufklärer Shaftesbury von einem "moral sense" aus, der nicht von Vernunftstrategien, sondern von Gefühlen geleitet werde. Die einseitige "Herrschaft des Verstandes" wurde von Kritikern als Abkehr von der Welt der Gefühle und der Phantasie gesehen, gegen die sich z.B. die "Romantiker" seit dem späten 18.

Viele zeitgenössische Denker, Schriftsteller und Künstler kritisierten, das Menschenbild der Aufklärung werde dem "ganzen Menschen" nicht gerecht und reduziere ihn auf ein Verstandeswesen, das in einem maschinenähnlichen Körper wohne. Auch der Fortschrittsglaube - das naive Vertrauen in die Errungenschaften von Naturwissenschaft und Technik - wurde angeprangert. Es kamen Zweifel auf, ob die Probleme und Konflikte des menschlichen Zusammenlebens in einer vernunftgeleiteten Gesellschaftsordnung gelöst werden können und ob die Welt durch den wissenschaftlichen Fortschritt tatsächlich immer "besser" und gerechter wird.